Mitgliederbrief des Landesvorsitzenden Juli 2010

20.07.2010 | Aktuelles

Makolla

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Parteifreunde,
 
Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Griechenlandkrise – derzeit erleben wir schwierige Zeiten, die unsere Gesellschaft vor bisher nicht gekannte Herausforderungen stellt. Viele Menschen sind verunsichert, blicken mit Sorge auf ihren Arbeitsplatz und das Wohl ihrer Familien.
Um so mehr lässt auch zu meinem Ärger Erscheinungsbild der von vielen herbei gesehnten schwarz-gelben Koalition in Berlin stark zu wünschen übrig. Gerade vor dem Hintergrund der Krisensituation wäre ein geschlossenes Auftreten von Union und FDP notwendiger denn je. Allein, einzelne Minister der Bundesregierung aber auch Ministerpräsidenten der Länder scheinen dazu nicht in der Lage. Die Bürger schütteln über das teilweise peinliche Auftreten verärgert den Kopf – und ich kann sie verstehen.
 
In den vergangenen Wochen wurde in verschiedenen Gremien diese Situation offen thematisiert. Gerade in den Bundestagsfraktionen von Union und FDP wurde das Auftreten unserer politischen Führung heftig kritisiert. Ich hege die Hoffnung, dass die mahnenden Worte Bundesregierung und Ministerpräsidenten erreicht haben. Der Verlauf der Wahl von Christian Wulff zu unserem Bundespräsidenten, sollte ein letzter Warnschuss gewesen sein! 
 
Die Bürger erwarten von uns nicht Streit, Stichelei und Polemik sondern energisches Handeln. Jetzt muss geführt werden. Dies gilt für alle drei Parteivorsitzenden der Koalition!
 
Das derzeitige Erscheinungsbild der Koalition ist umso ärgerlicher, weil die Arbeit und die Maßnahmen solide sind und in die richtige Richtung gehen: Der Bankenrettungsschirm und der Arbeitnehmerschutzschirm in der Bankenkrise, die Konjunkturpakete gegen die Wirtschaftskrise und nicht zuletzt die Maßnahmen zur Stützung des Euro bzw. der in Schieflage geratenen Euro-Länder wie Griechenland.
 
Diesen Entscheidungen ging ein intensives Ringen um den richtigen Weg voraus. Denn die Probleme und auch die Antworten darauf sind sehr komplex. Da ist es nur logisch, dass auch die Meinungen der Fachleute auseinander gehen: Banken pleite gehen lassen oder unterstützen? Konjunkturprogramme zur Sicherung von Arbeitsplätzen anschieben und dafür enorme Staatsschulden in Kauf nehmen? Griechenland aus der Euro-Gemeinschaft ausschließen, oder helfen und zu einem Konsolidierungsprogramm verpflichten? Es gibt auf all diese Fragen keine einfachen Antworten. Die Experten, die jetzt das Handeln der Abgeordneten im Deutschen Bundestag kritisieren, müssen sich fragen lassen, warum sie die Krisen nicht im Entstehen erkannt haben, wenn sie jetzt exakt zu glauben wissen, welche Auswirkungen unsere Entscheidungen haben. 
 
Dass die Maßnahmen bereits greifen, zeigt allein ein Blick auf die aktuellen Wirtschaftsdaten: Deutschland kommt deutlich besser durch die internationale Wirtschaftskrise, als viele andere EU-Länder. So ist die Arbeitslosigkeit in unserem Land 2009 „nur“ um 4,4 Prozent, im Europaschnitt aber um 36(!) Prozent gestiegen. Und auch in diesem Jahr setzt sich der positive Trend fort. Die Zahl der Arbeitslosen ist seit Mai um weitere 88.000 Menschen auf 3,15 Millionen gesunken (unter Rot-Grün waren es etwa 5 Millionen!). Dies ist auch auf die Maßnahmen der Konjunktur-programme zurückzuführen. Beispielsweise wurden und werden über das Konjunkturprogramm II im Oldenburger Münsterland 201 Projekte mit über 55 Millionen Euro gefördert. Die heimische Wirtschaft hat davon in erheblichem Maße profitiert, Arbeitsplätze konnten erhalten werden. Die Folge ist, dass viele Menschen die Dramatik der Wirtschaftkrise am eigenen Leib zum Glück nicht oder kaum gespürt haben. 
 
Fakt ist allerdings auch, dass die notwendigen Konjunkturmaßnahmen unseren Haushalt erheblich belasten. Hier muss schnell gegengesteuert werden, sonst ist unser Staat zukünftig nicht mehr handlungsfähig. Auf Betreiben von CDU und CSU wurde 2009 im Grundgesetz eine verfassungsrechtliche Schuldenbremse installiert. Allein daraus ergibt sich für das Parlament in den kommenden Jahren die Pflicht, die Schulden wieder abzubauen. Mit dem Entwurf für den Haushalt 2011, schlagen wir hierfür die richtige Richtung ein. Allein um 11,2 Mrd. Euro wird der Bundeshaushalt 2011 entlastet werden (2012 19,1 Mrd.€.; 2013 23,7Mrd. €). Vorwürfe der Opposition, der Haushaltsentwurf sei unsozial, entbehren dabei jeglicher Grundlage. Allein 54 Prozent des Bundeshaushaltes fließen für Sozialleistungen. Die aktuellen Sparvorschläge im Sozialbereich sind an folgender Maxime ausgerichtet: Bei denjenigen, die sich nicht selbst helfen können, z. B. Rentner oder Menschen mit Behinderungen, wird es keine Einschnitte geben. Fakt ist: Mit dem Haushaltsentwurf schlagen wir den Weg einer maßvollen Haushaltsdisziplin ein, um wieder Freiräume für notwendige Investitionen zu schaffen. 
 
Beim Blick auf die finanziellen Herausforderungen, mit denen wir auf Grund der Finanzkrise zu kämpfen haben, sind viele Bürger zu Recht empört: „Wir müssen die Suppe auslöffeln, die uns  andere eingebrockt haben.“ Manche sehen sogar schon wieder die rote Sonne des Sozialismus mit der Forderung nach Verstaatlichung am Horizont aufgehen. Auch ich frage mich, ob einige Investmentbanker nichts gelernt haben, wenn sie – gerade eben erst mit Steuermillionen gerettet – schon wieder dicke Bonuschecks einstreichen. Der zweiten Reaktion erteile ich eine klare Absage. Ich sage es sehr deutlich: Es gab nichts Gutes im Sozialismus. Unfreiheit, wirtschaftlicher Bankrott und soziale Ungleichheit waren die Wegbegleiter des real existierenden Sozialismus.
 
Nein, CDU und CSU stehen fest hinter der sozialen Marktwirtschaft. Sie hat uns den Wohlstand gebracht, von dem heute alle Bürger in unserem Land profitieren. Die globale Finanzmarktkrise hat uns aber deutlich gemacht, dass es Schwachstellen gibt. Diese lassen sich teilweise national regeln, teilweise brauchen wir aber internationale Entscheidungen. So ist der derzeitige Stand bei der von der Bundesregierung favorisierten Finanzmarktsteuer nicht zufriedenstellend. Beim letzten G 20-Gipfel in Kanada stellte sich u.a. US-Präsident Obama quer. Allein in Deutschland diese Steuer einzuführen, würde allerdings nichts bringen, sondern lediglich dazu führen, dass sich die entsprechenden Finanztransaktionen aus Deutschland auf andere Börsenplätze verlagern. Deutschland hätte erhebliche Steuerausfälle und Arbeitsplatzverluste im Bankensektor zu verzeichnen. Wir wollen jetzt eine EU-weite Umsetzung der Finanzmarktsteuer vorantreiben.
 
CDU und CSU haben schon in der vergangenen Legislaturperiode – und in dieser fortgesetzt – erhebliche Anstrengungen unternommen, um auf nationaler und europäischer Ebene die Rahmenbedingungen für den Finanzmarkt besser zu regulieren. Ich möchte nur einige Stichpunkte erwähnen: Bessere Transparenz bei der Vorstandsvergütung; Stärkung der Finanzmarktaufsicht; Regulierung der Rating-Agenturen; Verbot ungedeckter Leerverkäufe. Geplant sind weitere Maßnahmen für den Anlegerschutz. Auch auf europäischer Ebene sind zahlreiche Maßnahmen bereits beschlossen, zum Beispiel die Deckelung der Manager-Boni oder die bessere Regulierung von Hedge-Fonds.
 
Vor uns steht nun die parlamentarische Sommerpause. Nach der Sommerpause werden die Beratungen zum Sparpaket im Haushalt 2011 fortgesetzt. Im Herbst stehen weitere wichtige Entscheidungen an. So wird die Bundesregierung ein umfassendes Energiekonzept vorstellen, auf dessen Basis zukünftige Entscheidungen zur Energiepolitik getroffen werden – so unter anderem auch die Frage der Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke. 
 
Ein weiteres zentrales Thema ist die Zukunft unserer gesundheitlichen Versorgung. Wir stehen dabei vor der Aufgabe, ein Gesundheitswesen zu erhalten, das zu den Besten und Komfortabelsten in der Welt gehört. Davon profitiert jeder Bürger, unabhängig von der Höhe seines Einkommens und seines Alters. Allerdings explodieren die Kosten. Das hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen: Strukturen, medizinischer Fortschritt aber auch zunehmend die Altersentwicklung in unserer Gesellschaft. Ziel der Bundesregierung ist, möglichst große Einsparpotentiale zu erschließen. Darüber hinaus dürfen wir uns aber nichts vormachen – ich sage das hier sehr deutlich: Wir werden um Mehrausgaben für jeden einzelnen Beitragszahler nicht herumkommen, wenn wir unser hervorragendes Gesundheitssystem behalten wollen.
 
Ein letztes Politikfeld möchte ich zum Schluss noch erwähnen, welches uns im Herbst intensiv beschäftigen wird: der Grundwehrdienst. Nach der beschlossenen Verkürzung von neun auf sechs Monate, ist von Minister zu Guttenberg die völlige Abschaffung in die Debatte eingebracht worden. Dies würde eine grundlegende Richtungsänderung in der deutschen Verteidigungspolitik bedeuten. Hier können wir uns auf intensive Diskussionen einstellen, die wir zunächst in der Partei führen wollen.
 
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Parteifreunde, ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung, Kritik und freundschaftliche Anmerkungen zur politischen Arbeit in Berlin. Ich bin guter Dinge, dass es dem bürgerlichen Lager gelingt, nach der Sommerpause ein besseres Bild nach außen hin abzugeben und die gute Arbeit besser zu kommunizieren. 
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine schöne Sommer- und Ferienzeit bei guter Erholung und hoffe weiterhin auf Ihre gute Unterstützung.
 
Ihr
Franz-Josef Holzenkamp, MdB
Landesvorsitzender